„Ohne Input kein Output.“
Einfache Formel. Henry David Thoreau hat es etwas poetischer und bedeutungsschwangerer ausgedrückt: „Man muss erst zum Leben aufstehen, bevor man sich niedersetzt zum Schreiben.“ Zwischen Aufstehen und Niedersetzen hilft manchmal Bewegung, da laufen einem die Ideen oft nur so zu. Oder hinterher. Oder entgegen. Wem das zu anstrengend ist, der kann einfach sitzenbleiben und sich durch grenzdebile TV-Sendungen, hirnentleerte Facebook-Postings, aber auch durch anregende Gespräche mit guten Freunden oder die fernmündlichen Brainstormings mit lieben Autorenkollegen inspirieren lassen. Ich bin da ja ‚Jägerin und Sammlerin‘: Nichts kann abgefahren, doof, lustig, skurril, lahm oder ablenkend genug sein, um nicht in einer Geschichte als Figur, als Formulierung, als Tathergang, als Pointe oder als Emotion zu landen.
„Hättest du nicht vorher anrufen können?“
Obwohl: Die Frage, woher die Einfälle kommen, finde ich weit weniger spannend als die Frage, wann sie das tun. Bei mir krabbeln sie meist immer dann durch die Gehirnwindungen ganz nach vorne in mein Bewusstsein, wenn ich nicht damit rechne oder es gerade so gar nicht passt. Doch wegschicken will man die Ideen dann auch nicht, wäre extrem unhöflich. Wenn schon mal Besuch kommt und was mitbringt … Zum Beispiel einen genialen Arbeitstitel für den nächsten Roman, das passende Verb für den Satz, an dem man seit Tagen herumbastelt, oder die Schuhe, die das nächste Mordopfer tragen soll.
Neulich sah ich auf der Autobahn endlich meine Protagonistin ganz deutlich vor mir. (Nein, nicht auf der Fahrbahn.) Statur, Haare, Augenfarbe, Klamotten, Schmuck. Leider war ausnahmsweise auf der A 43 mal kein Stau und ich nicht lebensmüde, so konnte ich weder etwas diktieren noch den Publikumsjoker anrufen und ihn in der Hoffnung zuquatschen, er würde sich das merken oder mitschreiben. Klappt nicht immer … Es bleibt einem noch die Überheblichkeit zu glauben, alles im Gedächtnis behalten zu können. Klappt auch nie.
„Halt, stehenbleiben!“
Das Problem dabei ist: Wenn es eine neue Information in meinem Gehirn ganz nach vorne geschafft hat, beispielsweise so ein richtig schicker Titel für die kommende Kurzgeschichte, fällt eine andere mühsam abgespeicherte Information hintenüber. Unweigerlich. Da kann irgendein Wissenschaftler gerne behaupten, wir würden nur 5 % unserer Gehirnkapazität nutzen. Da helfen nur gezielte Methoden, um die preisverdächtigen Einfälle am Kragen zu packen und festzuhalten:
– Papier und Stift stets bereithalten! (Wenn man um Viertel nach drei in der Früh‘ nur nicht so verdammt faul wäre, das Licht und den Kuli anzuknipsen …)
– Immer ein Notizbuch dabeihaben! (Ich habe sogar fünf, aber die helfen nur bedingt, wenn man mit Matschehänden im Blumenbeet wühlt.)
– Zur Not auf Bierdeckel, Servietten, Klopapier und Quittungen zurückgreifen! (Mag sein, aber da passt zum einen noch nicht einmal ein Mini-Schachtelsätzchen drauf, und zum anderen verlegt man die so gerne.)
– Ein Diktiergerät kaufen! (Hab ich, besteht aus vier Teilen: Ding, Batterie, Bedienungsanleitung, Rechnerkabel. Eins davon fehlt immer.)
„Abwarten und Tee trinken am Kachelofen“
Apropos ‚fehlen‘: Eine weitere interessante Frage ist, warum die Ideen von Zeit zu Zeit eben nicht kommen wollen. Da verweigern die Biester sich und beglücken lieber wen anders, diese Verräter. Natürlich kann man den Spieß umdrehen und der Denkblockade oder Kreativflaute ´ne lange Nase zeigen: wahlweise eine Nacht drüber schlafen und die Sache sacken lassen oder den Ideenfluss mit Kreativitätstechniken hinterm Ofen hervorlocken. (Und da gibt es so viele von – so groß kann der Ofen gar nicht sein, dass sich ein kleiner Einfall nachhaltig dahinter verstecken könnte. Ein weites Feld – das wälzen wir ein anderes Mal aus.)
In diesem Sinne. Ich bin dann getz wech. Teewasser kocht … und ich müsste mal wieder hinter dem Kamin kehren.
Ihre/eure
Claudia Kociucki