Meister weniger Worte (3): Sergio Aragonés

Na, auch Scribbler? Nein, ich meine nicht Scrabbler, so ein Menschen, der „Misogynie“ aufs Brett legt und sich halbtot freut über den dreifachen Wortwert.

Es geht tatsächlich ums Scribbeln, das unbewusst ablaufende Kritzeln auf Notizpapier bei Telefonaten, in strunzlangweiligen Vorlesungen oder bei Konferenzen, um das Zufallen der Augen zu verhindern.

Da gibt es die abstrakten Scribbler, die irgendwelche Muster auf dem Papier wachsen und wuchern lassen. Und dann gibt es da die gegenständlichen Kritzler, die kleine Figuren oder gar Szenen als schmückendes Beiwerk auf dem Rechenschaftsbericht des Vereinsvorstands nach Hause tragen, glücklich darüber, nicht wieder der Kollege gewesen zu sein, der beim Einschlafen mit dem Kopf auf die Tischplatte geknallt ist.

Der ungeschlagene Meister der Scribbler, Sergio Aragonés, erblickte 1937 unter Spaniens Sonne das grelle Licht der Welt. Seine Familie wanderte nach Mexiko aus, und er verschleuderte anfangs sein Talent, indem er Architektur studierte. Erst 1962 fand er schließlich seine Bestimmung, denn er landete im Haus des blühenden Schwachsinns, der schrägen Ideen und verkrachten Existenzen: Er wurde fester Mitarbeiter beim MAD-Magazin.

Und dort wurde er bekannt durch seine kleinen Randkritzeleien, die das MAD-Heft an den Rändern oft schmückte. Dazu kamen satirische Sticheleinen – oder eher Stricheleien – zu aktuellen Filmen, politischen und gesellschaftlichen Themen.

Besondern nett war seine Serie „Der Schatten bringt es an den Tag“, wo die Schatten der gezeichneten Figuren ein Eigenleben führten. In einer Szene vor dem Traualtar schaute sich das Brautpaar verliebt in die Augen, während die Schatten schreiend wegliefen. Der Schatten einer Lehrerin, die ihrer Klasse gerade etwas erklärte, zeigte einen Dompteur und die Klasse warf den Schatten einer geifernden Löwenmeute.

Genau genommen wäre Aragonés in einer Rubrik „Meister weniger Worte“ eigentlich falsch, denn bei MAD blieb er (fast immer) vollkommen stumm. Seine kleinen Szenen kamen ohne jedes Wort aus und erzählten doch Geschichten.

Für die beiden großen Superhelden-Verlage fand er allerdings schon Worte. In beiden Verlagen erschienen Hefte, in denen Aragonés einmal für DC Superman, Batman und Konsorten kollektiv ins Jenseits beförderte und ein anderes Mal bei Marvel mit Spider-Man, den X-Men und ihren Kollegen aufräumte. Auch das Star Wars-Universum war vor ihm nicht sicher.

Seine gefährlichste und rücksichtsloseste Tat war aber, Groo den Barbaren, in die Welt zu setzen. Mit dieser Figur, deren Vorbild ganz bestimmt nicht Conan heißt, nein, wirklich nicht, mit dieser Figur brachte Aragonés das personifizierte Chaos in die Welt. Groo der Barbar, ist nicht nur dumm, sondern auch im Besitz zweier sehr scharfer Schwerter. Und die Mischung doof und gefährlich ist tödlich. Aber manchmal auch zum Brüllen witzig. So chaotisch die Figur selbst auch ist, so chaotisch ist auch die Veröffentlichungsgeschichte, die quer doch die Comic-Verlags-Landschaft in den USA ging.

Wer wissen möchte, was der Meister der Scribbler aktuell tut, findet Informationen auf seiner Homepage

Eine große Werkausgabe ist unter dem Titel „MADs große Meister: Sergio Aragonés“ bei Panini für 39,90 € erschienen.

Ihr Wolf P. Schneiderheinze

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