Dorrit liest Néhémy Pierre-Dahomey – Die Zurückgekehrten

Die erste Zurückgekehrte des Buches ist Belli. Sie hatte – zusammen mit vierzig anderen – versucht, auf einem Küstensegler von Haiti in die USA zu gelangen und scheiterte. Sie wurde nicht nur heimgeschickt, sondern verlor bei diesem Versuch auch ihren zweitgeborenen Sohn.

Nun ist sie wieder in Haiti und schlägt sich durch in einer Siedlung am Rande von Port au Prince, wo Menschen wie sie leben, deren Versuche für ein Leben in anderen Ländern gescheitert sind. Belli bekommt zwei weitere Kinder, Töchter und trennt sich kurz darauf  vom notorisch untreuen Vater. Jetzt sorgt sie allein für ihre Kinder, so gut es unter den Umständen möglich ist. Doch schließlich scheint es die beste Lösung zu sein, ihre Mädchen zur Adoption freizugeben. Eine der Töchter zieht mit einer Entwicklungshelferin nach Frankreich, für die andere wird eine Familie in Kanada gefunden. Bellis Trost beim Verlust der Töchter ist die Hoffnung, dass sie es einmal besser haben werden. Und ihr bleibt noch der Erstgeborene, der sich allerdings kurz nach der Abreise der Schwestern einer Gangsterbande anschließt und untertaucht. Auf einmal ist Belli allein.

Jahre später will sie ihre Tochter Belial in Frankreich besuchen, doch Frankreich verweigert ihr das Visum.

Auf etwa hundertfünfzig Seiten erzählt Néhémy Pierre-Dahomey Bellis Geschichte in sehr kunstvoller Sprache. Zwischendrin fragte ich mich, ob diese Sprache für eine einfache Frau wie Belli angemessen ist, doch irgendwann war ich froh um die kunstvollen Sätze, die einen Trost bieten in der Ungeheuerlichkeit von Bellis Leben und Leiden.  

Néhémy Pierre-Dahomey, der selbst in Port-au-Prince geboren wurde und seit 2013 in Paris lebt, wurde für seinen Debütroman mit dem »Prix Révélation 2017« der Société des Gens de Lettres, mit dem »Prix de soutien Cino Del Duca« sowie mit dem »Prix Carbet des Lycéens de la Caraïbe 2018« ausgezeichnet.

Ich bin sehr neugierig auf weitere Romane des Autors mit seinem besonderen Stil, den in diesem Fall Lena Müller aus dem Französischen ins Deutsche übersetzt hat. 

Ihre

Dorrit Bartel

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