Wieder einmal konnte ich dank der wunderbaren Afrika-Reihe des Verlags Wunderhorn eine Entdeckung machen: den südafrikanischen Autor Niq Mhlongo. Er wurde 1973 in Soweto geboren, wuchs dort in Zeiten der Apartheid auf. Heute lebt er in seinem Heimatland, das Regenbogennation genannt wird.
In Way Back Home spielen beide Zeiten eine Rolle. Kimathi, der Held des Buches, kämpfte in den 80er-Jahren vom angolanischen Exil aus mit dem ANC für ein Südafrika ohne Rassentrennung. Nach dem Wandel wird Kimathi Unternehmer, und er und seine Kameraden lassen es sich endlich gut gehen: Sie schanzen sich Bauaufträge zu und genießen ein Leben in Luxus, den sie sich – ihrer Meinung nach – in den langen Jahren der Entbehrungen verdient haben. Vielleicht sind ihre Methoden nicht immer ganz sauber, aber nun ja. Auch das haben sie im Freiheitskampf gelernt: dass man manchmal zu unkonventionellen Mitteln greifen muss und unlautere Motive nicht immer entdeckt werden.
Bei Kimathi häufen sich in der letzten Zeit die Schwierigkeiten. Seine Frau hat ihn mit der gemeinsamen Tochter verlassen, um seine Gesundheit steht es nicht zum Besten, und schließlich platzt auch noch ein schon sicher geglaubter Auftrag. Und immer wieder erscheint ihm eine Frau mit einer Narbe auf der linken Wange, die ihn an jemanden erinnert, aber er kann diese Erinnerung nicht fassen. Erst sehr allmählich wird Kimathi – und dem Leser – klar, was diese Frau mit seinem Leben und seiner Vergangenheit zu tun hat.
Mhlongo stellt den Gegenwartsszenen immer wieder solche aus dem Freiheitskampf der 1980er-Jahre gegenüber, die am Ende ein schlüssiges Bild ergeben. Dabei greift der Autor ein diffiziles Thema auf: den Freiheitskampf des ANC, der nicht nur Kampf gegen Apartheid bedeutete, sondern auch gegen unliebsame Mitkämpfer. Und er greift die Gruppe jener Freiheitskämpfer an, denen nach dem Ende der Apartheid ihr eigenes Wohlergehen so wichtig war, dass ihnen die anderen und die Entwicklung ihres Landes egal waren.
Obwohl Kimathi ein wirklich unsympathischer Typ ist, denke ich keinen Moment darüber nach, ob ich das Buch zu Ende lesen will, sondern folge ihm bereitwillig: zu den Nutten im „Sex-Supermarkt“, aufs Polizeirevier, ins Krankenhaus und in seine einsamen Stunden zu Hause, in denen er sich mit teurem Whisky über den Verlust von Frau und Kind hinwegtröstet. Und schließlich auch bis zur Lösung des Rätsels um die Frau mit der Narbe im Gesicht.
Am Ende hoffe ich, dass bald weitere Bücher von Niq Mhlongo ins Deutsche übersetzt werden, denn ich bin neugierig auf mehr von diesem Autor.
Ihre Dorrit Bartel