„Ich bin der festen Überzeugung, dass man auf Ideen nicht kommt, die Ideen kommen zu einem“

Interview mit Horst-Dieter Radke

Es fragte Joan Weng

Horst-Dieter, du bist ja ein Blog-Urgestein. Du warst von Anfang an dabei – warum eigentlich? Und jetzt sag nichts Falsches 😉

Von Anfang an dabei zu sein wird überbewertet!

Deine Beiträge befassen sich oft eher mit den technischen Aspekten des Schreibens: Speicherpolitik, Normseite, etc. Erzähl unseren Lesern doch mal, weshalb du dich gerade diesen Themen verstärkt widmest?

Das liegt daran, dass ich auch auf der „anderen Seite“ arbeite, will sagen: Ich bin auch als Lektor tätig und habe von daher mit Autoren zu tun, die mit den technischen Aspekten des Schreibens eigenartigerweise nicht so gut klar kommen. Da erkläre ich dann schon hin und wieder mal etwas.

Du hast dem Thema E-Book/Selfpublishing ja ein ganzes Buch gewidmet. Ist das E-book für dich die Zukunft des Buches?

Das E-Book ist für mich derzeit eine sinnvolle Ergänzung des Buchs, oder anders gesagt: Erweitert das Spektrum des Buchs und des Lesens. Damit es in der Zukunft das gedruckte Buch einmal ersetzen kann, muss noch eine ganze Menge passieren. Wir stehen erst ganz am Anfang. Ich bin nicht davon überzeugt, dass übermorgen nur noch E-Books gelesen werden. Manche haben das ja schon vorgestern geglaubt – und wie ist die Situation heute?

Neben deinen Sachbüchern schreibst du aber auch Krimis, indische Sagen und Werke über Franken und das Taubertal. Ganz dumme Frage, wie machst du das, da den Überblick zu bewahren?

Darf ich korrigieren? Ja? – Danke! Ich schreibe keine indischen Sagen, ich habe lediglich ein Buch mit indischen Novellen – also genau genommen, mit Novellen, die etwas mit Indien zu tun haben – geschrieben. Und ein paar indisch angehauchte Märchen in meinem Fabelblog. Aber keine indische Sagen. Das ist jetzt also geklärt, nun zu Franken und Taubertal. Fränkische Sagen habe ich allerdings vorgelegt, aber nicht selbstgeschrieben sondern entstaubt und teilweise nacherzählt. Das Taubertal gehört auch zu Franken, heißt nämlich genauer: Tauberfranken, weil hier nicht alles Tal ist. Da lebe ich nun seit dreiunddreißig Jahren und es gefällt mir gut hier, und was einem gefällt, darüber darf man doch schreiben – oder? Und da das restliche Franken drumherum auch nicht schlecht ist, schreibe ich eben auch darüber. Im Genre Krimi bin ich übrigens nicht nur als Einzeltäter aktiv. Ich übe das kriminelle Gewerbe auch bandenmäßig aus, nämlich mit meiner Kollegin Monika Detering. Weils so schön ist verfassen wir aber nicht nur Kriminelles, sondern auch Liebesromane, wie z.B. unseren Hiddenseeroman »Eine Insel für immer«. Und was heißt „Überblick bewahren“? Wer hat behauptet, ich hätte den Überblick?

Und als kleiner Vorgeschmack auf die kommende Sonntagsserie? Wie kommst du auf die Ideen?

Ich bin der festen Überzeugung, dass man auf Ideen nicht kommt, die Ideen kommen zu einem. Sie liegen auf der Straße – sozusagen – und müssen nur aufgehoben, oder aus der Luft gegriffen werden. Da fliegen sie nämlich herum. Für jeden. Die meisten greifen nur nicht zu.

Auf was für ein Buch von dir dürfen wir uns denn als nächstes freuen?

Mittelalter in Franken. Kommt diesen Sommer.

Im Forum der 42er Autoren bist du auch sehr aktiv – mich persönlich bereichern deine dort gegebenen Buchtipps oft sehr. Weigands Montaigne Biographie habe ich auf deinen Rat hin gekauft, dann kürzlich einen Vargas und eine Graphic Novel. Das ist ja schon eine große Bandbreite von Genres. Es scheint ein bisschen als würdest du alles lesen, was dir unter die Finger kommt 😉 Aber nehmen wir mal an du müsstest auf die berühmte einsame Insel und dürftest nur 3 Bücher mitnehmen – welche wären das und warum?

Ich käme nicht auf die Insel, weil ich vermutlich vorher Suizid begehen würde. Derzeit kann ich mir nicht vorstellen, meine Lektüre auf 3 Bücher zu beschränken und wenn ich keine andere Wahl habe, dann kann ich mich immer noch aus meinem Kellerfenster stürzen. Und ja, ich lese viel, aber nicht alles. Mit Thrillern tue ich mich beispielsweise schwer, da lese ich eher wenig und es gibt kaum etwas, das mir aus diesem Genre gefällt. Dieses Jahr habe ich mir als Mörike-Jahr ausgerufen und mir vorgenommen, alles von ihm zu lesen, bzw. wieder zu lesen. Na ja, fast alles. Seine umfangreiche Korrespondenz werde ich vermutlich nicht komplett lesen.

Und zum Abschluss, natürlich ganz uneigennützig: Welches Buch würdest du aktuell besonders empfehlen?

Jetzt muss ich überlegen. Die drei Bücher, zu denen ich dich schon verführt habe, darf ich nicht mehr nennen. Es muss ein anderes sein, das du noch auf den Stapel legen kannst. Wie wär’s denn damit: »Nebengleis« – die Kurzprosa von Monika Detering. Athena-Verlag, im Jahr 2006 herausgekommen und noch zu haben. Solche Bücher dürfen meiner Meinung nach auch nicht aus der Backlist eines Verlages verschwinden. Das sind nie die Renner, die innerhalb kürzester Zeit Hugendubeltische durch ihr Gewicht zum Einsturz bringen. Aber auf Dauer können sie schon einige Verbreitung erlangen. Bei Monika sind nicht nur die Texte dieser Sammlung gut, manchmal reicht einfach schon der Titel. Auf so etwas wie »Fichtenichts Seelen« muss man erst mal kommen.

Ich danke für das Interview und natürlich auch für all die Buchtipps 😉

Gern geschehn! 🙂

Eine Auswahl aus den gesammelten Werken

Indras Irrtum

Eine Insel für immer

Mülheimer Morde

Alles fließt in Tauberfranken

Normale Verhältnisse

E-Book-Publishing für Autoren

 

 

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