Thriller oder Familiendrama? Irgendetwas dazwischen. Ich habe den Roman vor einiger Zeit zufällig entdeckt, habe reingelesen und bin hängen geblieben.
Als sie an einem sonnigen Sommermorgen aufwachen, stellen zwei Familien fest, dass ihre Töchter über Nacht verschwunden sind – nur mit Nachthemd bzw. Schlafanzug bekleidet und ohne Schuhe. Die siebenjährige Calli, die mit vier Jahren aufgehört hat zu sprechen, und Petra, ihre beste Freundin, die ihr immer eine Stimme gegeben hat. Die Spur führt in den Wald, der direkt an Willow Creek angrenzt, den kleinen Ort in Iowa, in dem sich alle ein Leben lang kennen. Unterstützt vom Sheriff und von freiwilligen Helfern machen sich die Eltern der Mädchen auf die Suche – und schnell wird klar, dass niemand so unschuldig ist, wie es scheint.
Heather Gudenkauf, die mir bis dahin gänzlich unbekannt war, erzählt die Geschichte aus unterschiedlichen Perspektiven, die eindeutig den Kapiteln zugeordnet sind. Calli kommt zu Wort und ihr Bruder Ben, den sie liebt und der alles für sie tut. Ihre Mutter Antonia, die für ihre Familie und gegen ihren alkoholkranken, gewalttätigen Mann Griff kämpft, spricht ebenso wie Petras Vater und der Sheriff, Antonias Jugendliebe. Wir erleben mit, was Calli widerfährt, nachdem sie von zu Hause weggegangen ist und durch den Wald irrt. Und nach und nach entrollt sich in den unterschiedlichen Sichtweisen der Protagonisten die komplexe Hintergrundgeschichte, die Jahre zurückreicht. Was ist mit den beiden Mädchen passiert? Ein Verdächtiger ist schnell gefunden, als Callis Vater Griff ebenfalls nicht aufzufinden ist. Aber ist es wirklich so einfach, wie Petras Vater glaubt? Und warum ist Callis Bruder Ben ebenfalls verdächtig? Heather Gudenkauf liefert Puzzlesteine, was hätte passiert sein können, und führt die Geschichte zu einem passenden Ende. Und schließlich liefert sie auch die Antwort auf die Frage, die über allem schwebt: Warum hat Calli vor Jahren aufgehört zu sprechen?
„Heather Gudenkauf besitzt das seltene Talent, eine Geschichte poetisch zu erzählen und gleichzeitig eine beinahe unerträgliche Spannung aufzubauen“, wird Tess Gerritsen im Klappentext zitiert. Besser könnte ich es auch nicht ausdrücken. Lesen!
Ihre
Ingrid Haag
PS: Wir machen mit bei der „Lese-Challenge 2018: Reise durch die Genres“ von Gerngelesen.