Joan liest: Robert Goolrick – Wenn Prinzen fallen

Man soll bekanntlich nie nach dem Titel gehen, aber manchmal klappt es eben doch. Wie im Falle von Goolricks Börsenroman Wenn Prinzen fallen, denn hier ist der Titel Programm. Auf knapp dreihundert Seiten sieht man dem bis fast zum Schluss namenlos bleibenden Protagonisten und seinen Kollegen nämlich genau dabei zu. Mal im übertragenen Sinne, mal auch wortwörtlich, wie bei dem homosexuellen und an Aids erkrankten Spekulanten, der am Fenster des Protagonisten vorbei in die Tiefe stürzt. Wie man es aus Filmen wie „The Wolf of Wall Street“ und Ähnlichem kennt, geht es um Aktiendeals, Drogen, Sex und das ganz große, ganz schnelle Geld. Zumindest glaubt man das als Leser ziemlich lange, und Goolrick schreibt so gut, dass es mir auch thematisch vollkommen gereicht hätte.

Aber irgendwann, so in der Mitte des Buches, wird klar, der Roman ist viel mehr als nur ein „großartiger literarischer Abgesang auf das New York der 80er-Jahre“ den die Washington Post darin gesehen haben will. Sicher haben wir es hier mit einem gelungenen Zeitbild zu tun, mit einer sehr genauen Analyse der Korrumpierung eines jungen Mannes. Aber was den Roman so besonders macht, ist, dass er ganz heimlich eine Liebesgeschichte ist, und nicht nur eine – immer wieder blitzt die Liebe durch, zum Geld, zum Erfolg und ganz am Ende auch zum Leben.

Ihre Joan Weng

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