Meister weniger Worte (1): Don Martin

Ein Mann spaziert über die Straße. Es fängt an zu tröpfeln und er beginnt, wie Gene Kelly auf der Straße zu steppen und zu singen. Und oben auf dem Dach wird die Weitspuck-Weltmeisterschaft ausgetragen. – Nicht lustig?

Okay, ein Mann kommt ins Postamt und sagt: „Two stamps, please.“ Von oben saust ein gigantischer Schuh auf ihn herunter und macht STAMP, STAMP. Auch nicht lustig?

Nun, als ich die Zeichnungen gesehen habe, habe ich gelacht. Ja, Zeichnungen. Wir befinden uns in diesem Artikel nämlich in einer gewissen Grauzone der Literatur. Hier sind Menschen tätig, die sich Cartoonisten nennen und ihre wenigen Worte mit einigen Federstrichen begleiten. Und dann funktionieren die Gags plötzlich.

Als Autor ist es immer eine Kunst, mit wenigen Worten viel zu sagen, Geschwätzigkeit goutiert der Leser selten. In einer kleinen Reihe möchte ich Ihnen und euch einige Künstler vorstellen, die mit wenigen Worten und Strichen unser Zwerchfell massieren.

Dabei möchte ich mit einem Klassiker beginnen, mit dem Meister der Onomatopoesie, der Lautmalerei, mit Don Martin. Das Beispiel vom Mann im Postamt macht die Sache ja schon ganz anschaulich, wobei STAMP ein für Don Martins Verhältnisse zahmes Wort ist. Ein sattes BA-ZONG, wenn eine Bratpfanne ein Gesicht trifft, ein SPWATCH oder ein SPLOTCH, wenn zwei Spiegeleier auf den Augen eines Restaurant-Gastes landen oder ein SPLOYDOING, wenn die Organe bei der OP wie Kastenteufel aus der geöffneten Bauchhöhle hüpfen, erfreuen doch das Herz eines jeden Don Martin-Fans. Das wollen wir doch haben, dieses BUKKIDA BUKKIDA BAKKIDA BAKKIDA, wenn der Profiboxer seinen Sparringspartner als Boxbirne missbraucht oder dieses SHTOINK, wenn man sich den Handtuchhalter ins Auge rammt.

Don Martin wurde am 18. Mai 1931 in Paterson, New Jersey, geboren und hieß wohl tatsächlich so. Bekannt und kultisch verehrt wurde und wird er natürlich wegen seiner Cartoons, die er ab 1955 für das Magazin MAD schuf. In den USA galt er als „MADs maddest artist“, ein Prädikat, was er auf Grund seiner schrägen Geschichten und seines schwarzen Humors mehr als verdient hat. Bei vielen Gags Don Martins beschleicht mich durchaus ein Verdacht, was die Herren von Monty Python wohl gern gelesen haben.

Besonders fasziniert war der Cartoonist wohl auch von Märchen, besonders vom Froschkönig. Sei es, dass sich in der Kirche auf die Frage, ob jemand etwas gegen die Ehe der Prinzessin mit dem Prinzen einzuwenden habe, eine schwangere Froschdame meldet, oder das angewiderte Gesicht der Prinzessin, die beim Verspeisen von Froschschenkeln plötzlich ein gut durchgebratenes Prinzenbein in Händen hält, Don Martin hat immer wieder neue Varianten erdacht, je abwegiger und schräger, desto besser.

Neben den Soundwords waren vor allem umgeknickte Zehen, abgespreizte Finger und lange Gesichter Don Martins Markenzeichen. Die zeichnete er bis 1987 für MAD, dann geriet er sich mit dem Verleger in die Haare, natürlich wegen Geld. Am 6. Januar 2000 ließ Don Martin seinen Bleistift mit einem leisen KLATTACK für immer fallen.

Wer den großen Meister der gezeichneten Abwegigkeiten noch nicht kennt, gebe einfach einmal DON MARTIN bei Google ein und wähle die Option Bilder. Und dann wünsche ich viel Vergnügen beim Stöbern.

Bei Panini Deutschland ist übrigens eine – ÄCHZ – dreibändige Werkausgabe erschienen, die zwar ihren Preis hat – STÖHN -, allerdings jeden Cent wert – HECHEL – ist.

Ihr und euer

Wolf P. Schneiderheinze

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