Wiedergelesen: Johannes Mario Simmel – Es muss nicht immer Kaviar sein.

In den siebziger und achtziger Jahren führte kaum ein Weg an Simmel vorbei. Wenn man ihn nicht las oder eine Verfilmung seiner Werke sah, kannte man zumindest seinen Namen. Das einzige Buch, das ich von ihm gelesen habe, war: Es muss nicht immer Kaviar sein. Ich war restlos begeistert. Einige der Rezepte, die darin beschrieben werden, haben wir in unserer Studenten-WG nachgekocht. Von daher war es keine Frage, welchem seiner Werke ich mich widmen wollte, als im Blog der Vorschlag kam, doch noch einmal in den Simmelbüchern zu schmökern.

Zu Beginn des Romans schreibt man das Jahr 1939. Die Vorboten eines Krieges sind überall deutlich. Der Deutsche, Thomas Lieven, ist ein junger, erfolgreicher Banker in London. Durch seinen Partner wird ihm übel mitgespielt und so wird er bei einem Besuch in Deutschland von der Gestapo verhaftet. Nach einigem hin und her wird er unter der Prämisse freigelassen, zukünftig als deutscher Agent tätig zu sein. Zum Schein willigt er ein und reist zurück nach England, wo ihm prompt die Einreise verweigert wird. Stattdessen wird ihm angetragen für den britischen Geheimdienst zu spionieren. Dieses lehnt er ab und reist weiter nach Paris, wo kurze Zeit später der französische Geheimdienst auf ihn zukommt. Lieven gibt nach und arbeitet fortan für das Deuxième Bureau.

Selbst zu diesem Zeitpunkt ist Thomas Lieven noch absolut weltfremd und naiv, lacht über die Situationen, denen er ausgesetzt war, sieht alles nur als lustiges Spiel. Kein Wort von der politischen Situation in Europa, geschweige denn Gedanken zur Lage in seinem Heimatland. Im Gegenteil, Thomas Lieven genießt weiterhin sein Jet-Set-Leben, kocht sich durch die Seiten und amüsiert sich mit Frauen, die ihm reihenweise verfallen.

Auch die nächsten Kapitel bringen keine wesentliche Änderung. Die Deutschen besetzen Frankreich, Lieven flieht über verschiedene Stationen bis nach Lissabon, von wo aus er sich nach Südamerika absetzen will. Doch alle drei Geheimdienste nehmen Kontakt zu ihm auf, da er im Besitz einer Liste mit Namen französischer Agenten ist, die jedes Land für sich beansprucht. Für Thomas Lieven ist es natürlich ein Leichtes, diese Geheimdienste gegeneinander auszuspielen, denn er will die Liste keinem von ihnen überlassen, um die Leben der darauf stehenden Agenten zu retten. Leider wird dabei keinerlei Spannung aufgebaut, da der Protagonist ganz offensichtlich auch keine Furcht empfindet.

An dieser Stelle habe ich das Buch weggelegt. Für mich blieben die Charaktere blass, vor allem die Frauen wurden als schlichte Püppchen dargestellt, die zu nicht mehr dienten, als hübsch auszusehen und mit ihm ins Bett zu gehen oder – natürlich ohne ihr eigenes Wissen – Lieven bei seinen Betrügereien zu unterstützen. Thomas Lieven ist offenbar ein Geschöpf einer anderen Epoche (1960), dessen Verhalten mir in der heutigen Zeit äußerst unsympatisch ist. Es wird keine Atmosphäre aufgebaut, ich kann als Leser nicht eintauchen in eine fremde Welt, eine vergangene Zeit oder in die Gedankenwelt seiner Akteure.

Schade, ich hatte mich so auf ein Wiederlesen gefreut.

Ihre Cordula Broicher

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